2021.10.01
Nach § 29 Abs 2 Mietrechtsgesetz („MRG“) hat der Wohnungsmieter im Falle eines befristeten Haupt- oder Untermietvertrags das unabdingbare Recht nach Ablauf eines Jahres den Mietvertrag zu kündigen. Er hat schriftlich zum jeweils Monatsletzten unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist die Kündigung zu erklären.
Die Angabe eines Grundes ist nicht erforderlich. Ebenfalls muss die Aufkündigung nicht bei Gericht erfolgen. Zu Beweiszwecken sollte die Kündigungserklärung jedenfalls per Einschreiben an den Vermieter übermittelt werden.
Zu beachten ist weiters: diese Bestimmung gilt sowohl im Voll- als auch im Teilanwendungsbereich.
Für unbefristete Wohnungsmietverträge, bei denen der Wohnungsmieter für einen gewissen Zeitraum auf sein Kündigungsrecht verzichtet, wurde nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung eine analoge Anwendung des § 29 Abs 2 MRG abgelehnt.[i] Ein Kündigungsverzicht eines Wohnungsmieter ist demnach grundsätzlich wirksam.
Ebenfalls wird die analoge Anwendung des § 29 Abs 2 MRG auf Geschäftsraummieten ausgeschlossen. Denn die Schutzabsicht ist erkennbar auf Wohnungsmieter beschränkt.[ii]
Kürzlich hatte sich der Oberste Gerichtshof („OGH“) erneut mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Kündigungsverzicht eines Wohnungsmieters wirksam ist. Dieses Mal hatte der OGH die Thematik unter dem Aspekt des Konsumentenschutzgesetzes („KSchG“) zu beurteilen.[iii]
Sachverhalt: Ein Verband klagte ein Immobilienbesitzunternehmen, das ua Klauseln in deren Mietverträgen verwendet, wonach ein Wohnungsmieter bei unbefristeter Vertragsdauer einen Verzicht auf die Kündigung für 3 oder 5 Jahre erklärte. Das Immobilienbesitzunternehmen rechtfertigte den abgegebenen Verzicht zum Teil mit der Sanierung von Objekten vor Vermietung, zT wurden aber auch bei unsanierten Wohnungen solche Verzichte abgegeben.
Nach § 6 Abs 1 Z 1 KSchG sind Vertragsbestimmungen gegenüber einem Verbraucher jedenfalls dann unwirksam, wenn sich der Unternehmer eine unangemessene lange oder nicht hinreichend bestimmte Frist ausbedingt, an die der Verbraucher gebunden ist.
Im Rahmen einer Interessenabwägung stellte der OGH die wirtschaftlichen Nachteile des Vermieters beim Mieterwechsel (Suche nach einem neuen Mieter, Kosten für Arbeiten am Mietgegenstand) den wirtschaftlichen Nachteilen des Mieters (Kosten für Übersiedlung oder Makler) gegenüber.
Nach dem OGH trifft die längerfristige Bindung den Verbraucher stärker. Hingegen erachtete der OGH die Kosten für eine Sanierung vor Vermietung nicht ausreichend als sachliche Rechtfertigung für eine derartige lange Bindung.
Konkret bedeutet das: Ein Kündigungsverzicht ist bei Wohnungsmietverträgen nicht generell unwirksam. Aber ein 3- oder 5-jähriger Verzicht kann nicht allein durch die Sanierung der Wohnung gerechtfertigt werden. Ein 1-jähriger Verzicht müsste demgegenüber zulässig sein.
Das Immobilienrechtsteam von Sabadello Legal unterstützt und vertritt Vermieter und Mieter in Fragen der gewerblichen Vermietung. Mit langjähriger Erfahrung in der Beratung und Vertretung von Immobilieneigentümern und -verwaltern unterstützen wir unsere Mandanten bei Mietvertragsverhandlungen sowie in allen mietrechtlichen Angelegenheiten und streitigen Auseinandersetzungen.
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RA Mag. Jennifer Kaufmann
RA Mag. Andreas Sabadello
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[i]OGH vom 01.02.2007, 9 Ob 141/06k.
[ii]OGH vom 23.05.2013, 4 Ob 9/13x.
[iii]OGH vom 27.05.2021, 9 Ob 13/21h.