2022.03.05

Verbrauchergewährleistungsgesetz VGG

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Mit dem neuen Verbrauchergewährleistungsgesetz VGG, welches am 01.01.2022 in Kraft trat, wurde die Digitale-Inhalte-Richtlinie (DIDL-RL)[i] und die Warenkauf-Richtlinie[ii] der EU umgesetzt. Zweck der Novelle ist unter anderem die Ausweitung der Gewährleistung auf digitale Inhalte. Zudem regelt das VGG künftig die Gewährleistung bei Geschäften im B2C-Bereich über den Kauf von Waren sowie Werklieferungsverträge.

Begriffsbestimmungen:

In § 2 VGG finden sich zahlreiche neue Begriffsbestimmungen, die für die betroffenen Unternehmer und Verbraucher wesentlich sind und im österreichischen Recht bisher nicht vorkamen.

  1. § 2 Z 1: der Begriff digitale Leistung stellt bloß einen Überbegriff für digitale Dienstleistungen (unten 2) und digitale Inhalte (unten 3) dar und muss folglich nicht genauer behandelt werden.
  2. § 2 Z 2: Digitale Inhalte sind Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden. Darunter können auch Daten fallen, welche nach der Anweisung des Verbrauchers entwickelt werden. Dieser Begriff wird aus der Digitale-Inhalte-Richtlinie übernommen. Darunter fallen unter anderem Computerprogramme, Anwendungen, Videodateien, Audiodateien, Musikdateien, digitale Spiele, elektronische Bücher und andere elektronische Publikationen.[iii]
  3. § 2 Z 3: unter Digitalen Dienstleistungen sind zum einen Dienstleistungen, die dem Verbraucher zur Erstellung, Verarbeitung oder Speicherung digitaler Inhalte dienen, zu verstehen. Zum anderen sind dies Dienstleistungen, die die gemeinsame Nutzung der erstellten oder hochgeladenen digitaler Daten oder eine sonstige Interaktion ermöglichen. Auch hier wird auf die Digitale-Inhalte-Richtlinie verwiesen, welche anmerkt, dass vor allem Datei-Hosting, Clouddienste und Social Media davon umfasst sind.[iv]
  4. § 2 Z 4: Waren mit digitalen Inhalten sind bewegliche körperliche Sachen, welche nur dank der damit verbundenen oder enthaltenen digitalen Inhalte ihre versprochene Leistung erbringen können. Hierbei müssen die digitalen Inhalte nicht vom Hersteller selbst, sondern können von einem Dritten bereitgestellt werden. Dies gilt nur für jene Waren, die im Rahmen ihres Kaufvertrags bereits die digitalen Inhalte mit umfassen, oder von denen die Bereitstellung typischerweise erwartet werden und üblich sind. Beispiele hierfür sind Smartphones, Smart-TVs, Smart-Watches oder die Smart-Home-Anlagen. [v] Schwierig ist hier die Abgrenzung zwischen dem Erwerb einer Ware mit digitalem Inhalt oder digitalen Dienstleistung und dem in einem gesonderten Kaufvertrag erworbenen digitalem Inhalt oder digitaler Dienstleistung. Zum Beispiel ist der Kauf einer App im App Store getrennt vom Kauf des Smartphones zu beurteilen und unterliegt der DIDL-RL.[vi]
  5. § 2 Z 5: Die Kompatibilität ist die Eignung mit Hardware oder Software, mit der derartige Waren oder digitale Leistungen üblicherweise verwendet werden, zu funktionieren, ohne dass es einer Änderung/Konvertierung bedarf.
  6. § 2 Z 6: Funktionalität umfasst, wie Waren ihre Funktion dem Zweck entsprechend erfüllen können. Einfluss nimmt darauf unter anderem das (Nicht-)Bestehen von technischen Beschränkungen, wie Regionalcodierungen.[vii]
  7. § 2 Z 7: Interoperabilität umschreibt, ob die Waren oder digitalen Leistungen auch mit anderer als der üblicherweise verwendeten Hard- oder Software, ohne Änderung/Konvertierung verwendet werden können.[viii]
  8. § 2 Z 8: die digitale Umgebung ist die unterschiedliche Hardware, Software und Netzverbindungen, die der Verbraucher für die Nutzung und den Zugang zu digitalen Inhalten benötigt, sprich ob die Anforderungen der digitalen Leistungen beim Verbraucher vorliegen.
  9. § 2 Z 9: Integration ist die Verbindung der digitalen Leistung mit den Komponenten der digitalen Umgebung, um die Verwendung der digitalen Leistungen vertragsgemäß zu ermöglichen.
  10. § 2 Z 10: unter dem dauerhaften Datenträger versteht man jenes Medium, welches die Datenspeicherung persönlicher Informationen für eine dem Zweck der Daten angemessene Zeit ermöglicht. Ein solcher Datenträger ist beispielsweise Papier, DVDs, Festplatten, E-Mails oder Speicherkarten.[ix]
  11. § 2 Z 11: unter dem Begriff Haltbarkeit ist die Eignung der Waren ihre Funktionen und Leistungen bei normaler Verwendung beizubehalten zu verstehen. Um das Kriterium der vertragsgemäßen Leistung zu erfüllen, sollten die Waren eine Haltbarkeit vorweisen, die den Waren ähnlicher Art entspricht und unter Berücksichtigung der Wartung durch den Verbraucher und der öffentlichen Erklärungen des Herstellers oder sonstigen Personen der Vertragskette, den vernünftigen Erwartungen des Verbrauchers entspricht. Ebenso sind weitere Umstände, wie der Preis oder die Intensität der Nutzung der Ware, zu berücksichtigen.[x]
  12. § 2 Z 12: die Bestimmung über personenbezogene Daten verweist auf Art 4 Z 1 der Datenschutz-Grundverordnung DSGVO. Demnach sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare oder identifizierte natürliche Person beziehen. Die Identifizierbarkeit ist zu bejahen, wenn mittels Zuordnung zu einer Kennung (wie zB Name oder Kennnummer) oder zu besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, genetischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Identität sind, die Identität der natürlichen Person bestimmbar ist.[xi] Oftmals werden digitale Leistungen gegen die Bereitstellung personenbezogen Daten als Preis angeboten. Bereits in der DIDL-RL wird festgehalten, dass personenbezogene Daten keine Waren sind, der Schutz der Daten jedoch dringend notwendig ist.[xii]

Stand dieser Zusammenfassung: 02/2022.


Sabadello Legal berät und vertritt regelmäßig Unternehmen in zivil- und verbraucherschutzrechtlichen Angelegenheiten. Wir beraten sowohl bei der Gestaltung von Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch im Zusammenhang mit der (gerichtlichen) Abwehr und der Durchsetzung von Ansprüchen entlang der gesamten Lieferkette.

Kontakt und Fragen:
RA Mag. Andreas Sabadello
+43 1 9971037
office@sabadello.legal


[i] Richtlinie (EU) 2019/770 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen, ABl. Nr. L 136 vom 22.5.2019 S. 1 (Digitale-Inhalte-Richtlinie). nach oben

[ii] Richtlinie (EU) 2019/771 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG, ABl. Nr. L 136 vom 22.5.2019 S. 28 (Warenkauf-Richtlinie). nach oben

[iii] ErwGr 19 DIDL-RL. nach oben

[iv] ErwGr 19 DIDL-RL. nach oben

[v] ErwGr 19 DIDL-RL. nach oben

[vi] ErwGr 19 DIDL-RL. nach oben

[vii] ErwGr 43 DIDL-RL. nach oben

[viii] ErwGr 27 WK-RL. nach oben

[ix] ErwGr 76 DIDL-RL; ja "E-Mail"s werden hier dieselben Eigenschaften zugeschrieben wie Festplatten. nach oben

[x] ErwGr 32 WK-RL. nach oben

[xi] Art 4 Z 1 DSGVO. nach oben

[xii] ErwGr 24 DIDL-RL. nach oben

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