Lehrgang zur Bauhofleitung (DE)
Vom 27.02.2023 bis 03.03.2023 findet der ausgebuchte Lehrgang zur Bauhofleitung von dieWeiterbilder statt. Rechtsanwältin Mag. Jennifer Kaufmann von Sabadello Legal referiert im Rahmen des Programmteils "rechtliche Grundlagen" am 01.03.2023 zu folgenden Themen:
Der jeweils viertägige Lehrgang kann online besucht werden und wendet sich insbesondere an Mitarbeiter von Gemeinden, Bauhöfen und Straßenmeistereien.
Die Frühjahrstermine sind aktuell bereits ausgebucht. Für Herbst 2023 sind jedoch noch Plätze buchbar direkt beim Veranstalter unter diesem Link.
Kontakt und Fragen:
RA Mag. Jennifer Kaufmann
+43 1 9971037
office@sabadello.legal
Taxilenkerausweis & Vertrauenswürdigkeit (DE)
Kann man keinen Taxilenkerausweis bekommen, wenn man in den letzten fünf Jahren eine Verkehrsstrafe hatte? Es ist nicht genau geregelt, wie viele Strafen man haben "darf". Aber in der Betriebsordnung steht, wer nicht vertrauenswürdig ist. Jemand, der sich rücksichtslos im Straßenverkehr verhält, betrunken fährt, durch Drogen oder Medikamente beeinträchtigt fährt, hat keine Verkehrszuverlässigkeit und kann deshalb kein Taxifahrer werden. Jemand, der wegen vieler Verstöße gegen Verkehrsvorschriften bestraft wurde und dadurch eine auffällige Sorglosigkeit zeigt, ist auch nicht vertrauenswürdig. Ein einzelner Verstoß oder eine Strafe vor vielen Jahren zeigt aber nicht, dass jemand nicht vertrauenswürdig ist. Wurde der Antrag abgewiesen, können Sie Beschwerde erheben oder einen neuen Antrag stellen.
Die Fachgruppe Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen der Wirtschaftskammer in Wien warnt:
"Wir weisen darauf hin, dass die Prüfung der Vertrauenswürdigkeit nun deutlich strenger ausfällt als in den vergangenen Jahren. Bereits eine sehr geringe Anzahl an Vergehen kann dazu führen, dass die zuständige Behörde die Ausstellung eines neuen Taxilenkerausweises verweigert."1
Aber können schon wenige Verkehrsstrafen dazu führen, dass man trotz bestandener Prüfung keinen Taxiausweis bekommt? Nein, wie auch die Volksanwaltschaft schon festgestellt hat.2
Als Taxilenker darf nur tätig werden, wer über einen Ausweis nach der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr3 verfügt. Dieser Ausweis ist nach § 6 der Betriebsordnung auszustellen, wenn der Bewerber
Ziffer 3 führt nun in der Praxis häufig zu Problemen: das Verkehrsamt Wien verweigert die Ausstellung eines Taxilenkerausweises mit der Begründung, dass aufgrund von Verkehrsstrafen die "nachweisliche Vertrauenswürdigkeit in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Taxiausweises" nicht gegeben sei.
Bekommt man also keinen Taxilenkerausweis, wenn man in den letzten fünf Jahren eine Verkehrsstrafe hatte? Oder fünf Strafen in fünf Jahren? In der Betriebsordnung ist nicht genau geregelt, wie viele Strafen man haben "darf". Die Betriebsordnung beschreibt aber, wer insbesondere nicht vertrauenswürdig ist. Nicht vertrauenswürdig im Sinne der Betriebsordnung ist jemand,
a. dem die Verkehrszuverlässigkeit nach § 7 Führerscheingesetz fehlt (rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit, Beeinträchtigung durch Suchtmittel oder Medikamente,...)
b. wer durch wiederholte rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretungen der die Ordnung und die Sicherheit des Straßenverkehrs regelnden Vorschriften eine auffallende Sorglosigkeit gegenüber diesen Vorschriften erkennen lässt.
Der erste Punkt ist naheliegend: wer nicht einmal die Voraussetzungen für die Erteilung bzw. das Behalten einer Lenkerberechtigung erfüllt, kann auch nicht Taxilenker sein. Unter Punkt b. wird schließlich beschrieben, wer ebenfalls nicht vertrauenswürdig ist: jemand, der wegen wiederholter Bestrafungen wegen Verstößen gegen Straßenverkehrsvorschriften erkennen lässt, dass er eine auffallende Sorglosigkeit gegenüber diesen Vorschriften erkennen lässt. Das heißt wegen einzelner Verstöße gegen Verkehrsvorschriften darf der Taxiausweis nicht verweigert werden. Denn daraus lässt sich keine auffallende Sorglosikgeit ableiten. Schon gar nicht bei Berufskraftfahrern, die im Jahr zigtausende Kilometer zurücklegen. Auch jemand, der vor vier oder fünf Jahren Strafen bekommen hat, in jüngerer Zeit aber nicht, zeigt dass er sorgfältiger geworden ist.
Wenn Ihr Antrag auf einen Taxiausweis abgelehnt wurde, gibt es eine Möglichkeit, Beschwerde einzulegen. Sie haben vier Wochen Zeit, nachdem der Bescheid bei Ihnen angekommen ist, um eine schriftliche Beschwerde an das Verkehrsamt zu senden. Es ist wichtig zu beachten, dass die vier Wochen Frist bereits anfängt, wenn der Brief bei der Post hinterlegt wurde, auch wenn Sie ihn noch nicht abgeholt haben.
In Ihrer Beschwerde können Sie erklären, warum Sie vertrauenswürdig sind und den Taxiausweis erhalten sollten. Außerdem müssen Sie eine Gebühr von 30 Euro an das Finanzamt Österreich bezahlen und den Nachweis dieser Zahlung an Ihre Beschwerde anhängen.
Wenn der Antrag auf Erteilung eines Taxilenkerausweises abgewiesen wurde und die Beschwerdefrist bereits abgelaufen ist, kann ein neuer Antrag gestellt werden. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn seit dem letzten Antrag keine (wesentlichen) Verkehrsübertretungen begangen wurden und schon davor keine gravierenden Verstöße vorlagen. Sinnvoll ist es insbesondere auch, wenn seit dem letzten Antrag Strafen bereits "verjährt" sind (also länger als 5 Jahre zurückliegen). Sie müssen aber nicht fünf Jahre zwischen den Anträgen warten.
Denken Sie an das Thema der Vertrauenswürdigkeit auch, wenn Sie eine Verkehrsstrafe bekommen: manchmal liegt der Gedanke nahe, dass sich wegen kleiner Beträge ein Verfahren nicht lohnt. Aber das kann am Ende teuer werden, wenn der Ausweis nach fünf Jahren nicht verlängert wird. Denn auch bei der Verlängerung des Taxiausweises wird geprüft, ob die Vertrauenswürdigkeit noch vorliegt. Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie eine Verkehrsübertretung nicht begangen haben, kann sich der Weg zur Anwältin/zum Anwalt lohnen. Darüber hinaus gibt es Rechtsschutzversicherungen für den Verkehrsbereich, welche die Anwaltskosten übernehmen.
Um in Wien einen Taxischein zu bekommen, muss man neben der Prüfung bestimmte Voraussetzungen erfüllen, wie z.B. einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren, über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen und als vertrauenswürdig gelten. Allerdings kann es zu Problemen bei der Ausstellung des Taxischeins kommen, wenn der Bewerber in den letzten fünf Jahren Verkehrsstrafen hatte. Einzelne, "leichte", Verkehrsstrafen schaden dabei aber nicht. Wird der Antrag auf einen Taxischein abgelehnt, kann man eine Beschwerde einreichen. Oder man kann einen neuen Antrag stellen, wenn man seit dem letzten Mal keine (wesentlichen) Verkehrsübertretungen begangen hat oder Strafen bereits "verjährt" sind.
Sabadello Legal berät und vertritt unter anderem Unternehmen aus der Personenbeförderungs- und Gütertransportbranche regelmäßig in Verfahren wegen Verwaltungsstrafen vor Behörden sowie den Verwaltungs- und Höchstgerichten. Wir beraten seit vielen Jahren Taxiunternehmen und Taxifahrer im Zusammenhang mit den branchenspezifischen Vorschriften. Wir haben hunderte von Berufskraftfahrern und Zulassungsbesitzern sowie Gewerbeinhabern in ganz Österreich in Verwaltungsstrafverfahren erfolgreich vertreten.
Kontakt und Fragen:
RA Mag. Andreas Sabadello
+43 1 9971037
office@sabadello.legal
https://www.wko.at/branchen/w/transport-verkehr/befoerderungsgewerbe-personenkraftwagen/taxilenkerausweis.html, letzter Abruf 05.02.2023.
↩https://volksanwaltschaft.gv.at/artikel/wegen-strafmandaten-nicht-vertrauenswuerdig-fuer-taxilenkerausweis, letzter Abruf 05.02.2023.
↩Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, mit der gewerbepolizeiliche Regelungen für die nichtlinienmäßige Beförderung von Personen mit Fahrzeugen des Straßenverkehrs getroffen werden (Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr – BO 1994), BGBl. Nr. 951/1993, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 408/2020.
↩Kein Entfall von Verkehrssicherungspflichten trotz Erkennbarkeit (DE)
Wer ein Gebäude besitzt oder Halter eines Weges ist, der haftet dafür, dass durch deren Zustand niemand verletzt wird. Das sehen - stark verkürzt - § 1319 ABGB und § 1319a ABGB so vor. Wie soll es aber um die Haftung stehen, wenn eine Mieterin die drohende Gefahr geradezu erahnt und prompt in einen Schacht stürzt?
Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich vor allem danach, in welchem Maß der Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen kann. Der Oberste Gerichtshof („OGH“) hatte jüngst entschieden, dass es sich trotz Erkennbarkeit eines verrutschten Lichtschachtgitters nicht um eine Gefahrenquelle handelt, die einer durchschnittlich aufmerksamen Person sofort in die Augen fallen würde.1
Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in einer Wohnhausanlage. Nach dem Hauseingang rechts des Mietobjekts befinden sich an der Hauswand drei mit Lichtschachtgittern abgedeckte Lichtschächte.
Die Klägerin ging mit ihrem 2-jährigen Enkel an der Hand auf dem Gehsteig in Richtung Spielplatz. Das Kind riss sich von ihrer Hand los und lief in Richtung der Lichtschächte. Die Klägerin lief ihrem Enkel hinterher, stieg dabei auf ein leicht verbogenes, schräg auf der Einfassung liegendes Lichtschachtgitter, rutschte in den Schacht und verletzte sich.
Wenn – was etwa einmal jährlich vorkam – ein Lichtschachtgitter außerhalb der Fassung lag, legte es der Hausmeister wieder in diese zurück. Es kam auch vor, dass die Gitter etwas nach unten gebogen waren. Wenn der Hausmeister dies bemerkte, nahm er das Gitter heraus, bog es gerade und legte es wieder in die Fassung. Der Hausverwaltung war dies nicht bekannt.
Der Lichtschacht stellt ein Bauwerk iSd § 1319 ABGB dar. Im konkreten Fall besteht zwischen dem Geschädigten und dem Besitzer des Bauwerks ein Mietverhältnis. Neben der Bauwerkehaftung gelangt daher auch die vertragliche Haftung zur Anwendung.
Die Hauptleistungspflicht des Vermieters besteht darin, dem Mieter den bedungenen Gebrauch des Mietobjekts zu gewähren und dieses in brauchbarem Zustand zu erhalten. Die Instandhaltungspflicht des Vermieters umfasst dabei das Mietobjekt und die allgemeinen Teile des Hauses, die der Mieter nach dem Vertrag oder Verkehrsübung benützen darf. Weiters besteht die vertragliche Nebenpflicht für die gefahrlose Benützung dieser Teile Sorge zu tragen.
Der OGH stellte dazu fest, dass auch die Bereiche der Lichtschächte, die sich außerhalb der allgemeinen Weg- und Verkehrsflächen befinden, zu jenen Anlagen zählen, zu deren Mitbenützung die Klägerin als Mieterin berechtigt ist.
Zwar erfüllten die Lichtschächte sämtliche Sicherheitsvorschriften. Nach dem OGH kann aber das Vorliegen einer entsprechenden baubehördlichen Genehmigung den zur Sicherung des Verkehrs Verpflichteten nicht entschuldigen, wenn er aufgrund eigener Kenntnis um den Bestand einer Gefahrenquelle weiß oder wissen muss, und damit ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen zu deren Beseitigung unterlässt.
Dabei ist es dem Verkehrssicherungspflichtigen als Verschulden schon zuzurechnen, wenn er Anzeichen einer drohenden Gefahr ignoriert.
Dem Hausmeister war bekannt, dass die Lichtschachtgitter wiederholt verbogen waren bzw. nicht in ihrer Fassung lagen. Es lag daher eine Gefahrenquelle vor. Das Unterlassen von zumutbaren Maßnahmen, wie etwa die Lichtschachtgitter zu fixieren, führt daher zur Haftung des beklagten Vermieters.
Zudem stellt nach dem OGH ein schräg außerhalb der Einfassung liegendes, teils von Sträuchern umgebenes Lichtschachtgitter keine augenfällige Gefahrensituation dar, die zum Entfall einer Verkehrssicherungspflicht führt.
Das Immobilienrechtsteam von Sabadello Legal unterstützt und vertritt Vermieter und Mieter in Fragen der gewerblichen Vermietung. Mag. Jennifer Kaufmann ist Rechtsanwältin für Mietrecht und berät und vertritt seit Jahren namhafte Vermieter im gewerblichen Bereich. Mit langjähriger Erfahrung in der Beratung und Vertretung von Immobilieneigentümern und -verwaltern unterstützen wir unsere Mandanten bei Mietvertragsverhandlungen sowie in allen mietrechtlichen Angelegenheiten und streitigen Auseinandersetzungen.Jennifer Kaufmann vertritt sowohl vor Gerichten als auch vor der wohnrechtlichen Schlichtungsstelle. Zu Themen des öffentlichen Baurechts tragen Jennifer Kaufmann und Andreas Sabadello regelmäßig vor.
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RA Mag. Jennifer Kaufmann
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OGH vom 27.09.2022, 2Ob155/22s.
↩Our offices and cooperations