2016.04.18

Keine Strafbarkeit für fehlerhafte Etikettierung?

#Foodlaw #LMSVG #Geschmacksverstärker #Etikettierung #Lebensmittelzusatzstoffe

Strafbarkeit eines verantwortlichen Beauftragten

In der bemerkenswerten Entscheidung VGW-022/018/14817/2015 urteilte das Verwaltungsgericht Wien über die Strafbarkeit eines verantwortlichen Beauftragten für die mangelhafte Etikettierung eines Lebensmittels.

Hintergrund

Anlässlich einer Kontrolle durch die Lebensmittelaufsicht wurde ein Produkt „Cevapcici gewürzt“ beanstandet, welches den Vermerk „Ohne Zusatz von Geschmacksverstärker“ auf der Verpackung aufgedruckt hatte. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1333/2008 dürfen nur jene Lebensmittelzusatzstoffe in Lebensmitteln verwendet werden, welche in Anhang II eben dieser Verordnung aufgeführt sind (unter Einhaltung der dort festgelegten Bedingungen).

Für Fleischzubereitungen – wie Cevapcici – ist der Zusatz von Geschmacksverstärkern jedoch nicht gestattet. Die Anführung eines Vermerks „Ohne Zusatz von Geschmacksverstärker“ erweckte daher laut der Behörde den Eindruck, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl vergleichbare Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen (müssen). Dies ist nach § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG verboten und wird nach § 90 Abs. 2 Z. 1 LMSVG bestraft.

Entscheidung

In erster Instanz wurde der verantwortliche Beauftragte einer Aktiengesellschaft bestraft, da das beanstandete Produkt in einer Betriebsstätte des Unternehmens in Verkehr gebracht worden war. Der Beschwerdeführer rechtfertigte sich in zweiter Instanz (u.a.) damit, dass er auf den Inhalt der Etikettierung keinen Einfluss hat, da diese zentral vorgegeben wird.

Das Verwaltungsgericht Wien folgte dieser Rechtfertigung und führte aus: „Da aber die Etikettierung nicht dem unmittelbaren Einflussbereich des Beschwerdeführers unterlag, konnte er auch nicht für die ihm zur Last gelegte Tat zur Verantwortung gezogen werden.“

Die Entscheidung überrascht insofern, als der Sachverhalt – soweit dieser im Urteil zitiert wird – durchaus auch eine Bestätigung der Bestrafung hätte erwarten lassen: denn auch wenn dem verantwortlichen Beauftragten keinen Einfluss auf die Etikettierung zukam, so könnte doch unterstellt werden, dass er Einfluss auf das Inverkehrbringen in der Betriebsstätte hatte. Wiederum anders wäre die Rechtslage freilich zu beurteilen, wenn Fragen der Etikettierung nicht zum Aufgabenbereich des verantwortlichen Beauftragten gehören.

Insgesamt scheint trotz dieser für verantwortliche Beauftragte in Lebensmittelunternehmen erfreulichen Entscheidung weiterhin ein hohes Maß an Aufmerksamkeit geboten.

Link zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien VGW-022/018/14817/2015 vom 15.02.2016
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