2022.03.28

Wer ist Lebensmittelunternehmer II

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Kettenverantwortung des Hofladeninhabers

Die wachsende Aufmerksamkeit rund um das Thema Regionalität und saisonale Lebensmittel veränderte das Konsumverhalten und führte zu einem Umdenken. Davon profitierten auch die Hofläden, welche an Attraktivität gewannen und mittlerweile stark verbreitet sind. Jedoch kann das Betreiben eines Hofladens für manch einen überraschende Folgen haben, vor allem im Zusammenhang mit dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG). Mit der Verantwortung der Hofladeninhaber im Zusammenhang mit den lebensmittelrechtlichen Kennzeichnungsvorschriften nach dem LMSVG setzte sich das Landesverwaltungsgericht Tirol1 im Dezember 2021 auseinander.

Hintergrund

Dem Betreiber eines Hofladens in Tirol wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Folgendes zur Last gelegt: bei der Überprüfung einer Packung Tee durch die AGES wurde festgestellt, dass die Formulierung des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mit den Vorgaben nach der LMIV übereinstimmte. Des Weiteren sei die Angabe „ohne Farb- und Konservierungsstoffe“ irreführend für den Konsumenten, da die Zugabe von Zusatzstoffen ohnehin bei Kräutertees gem. der VO (EU) Nr. 1129/2011 verboten sei und durch die Angabe auf der Verpackung der Eindruck erweckt werden würde, dass ein Unterschied zu anderen Tees bestehen würde. Zudem führte der Tee eine Bezeichnung welche nur verwendet werden dürfte, wenn sich eine entgiftende Wirkung des Tees gem Art 6 Abs. 1 der VO (EG) 1924/2006 (Health-ClaimsVO) mittels allgemein anerkannten wissenschaftlichen Nachweises belegen lässt. In der Beschwerde gegen das Straferkenntnis argumentiert der Beschwerdeführer, er habe bloß seinen Hofladen als Fläche angeboten, um den anderen Landwirten eine Chance zur Selbstvermarktung zu bieten (Shop in Shop) und die Waren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu verkaufen. Folglich sei er nicht der Inverkehrbringer des Tees und daher treffe ihn auch keine Haftung.

Entscheidung

Strittig war in diesem Zusammenhang nur die Eigenschaft des Hofladenbetreibers und ob er auch einer verwaltungsrechtlichen Haftung unterliegt. Das Landesverwaltungsgericht Tirol entschied, dass der Beschwerdeführer als Lebensmittelunternehmer zu qualifizieren ist, da eine mit dem Vertrieb von Lebensmitteln zusammenhängende Tätigkeit ausgeübt wird, worunter alle Vertriebsstufen fallen. Gem Art 17 Abs 1. EG-Basis-VO gelangt auch hier die Kettenverantwortung im Lebensmittelhandel zur Anwendung. Demzufolge ist jeder Lebensmittelunternehmer von der Erzeugung bis zur schlussendlichen Abgabe an den Konsumenten verpflichtet, sämtliche Lebensmittelvorschriften zu wahren. Die Vorschriften betreffend die Lebensmittelkennzeichnung sind in Art. 8 LMIV zu finden. Damit wird ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab betont, wonach jeden Lebensmittelunternehmer das Verbot des Inverkehrbringens von nicht ordnungsgemäß gekennzeichneten Lebensmitteln trifft, was auch von der österreichischen Rechtsprechung2 bereits bestätigt wurde (vgl. insbesondere auch Art. 8 Abs. 5 LMIV).

Die Verpachtung einzelner Regale in seinem Hofladen schützte den Beschwerdeführer nicht vor seiner Haftung. Dadurch, dass die Lebensmittel im Laden des Beschwerdeführers verkauft und über seine Kassa bezahlt wurden, war dieser in die Abgabe der Lebensmittel eingebunden. Die Beschwerde wurde dementsprechend als unbegründet abgewiesen.


Sabadello Legal ist unter anderem auf die Vertretung und Beratung von Herstellern von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln spezialisiert. Zu unseren Mandanten zählen sowohl Lebensmittel-Startups als auch etablierte KMU und internationale Großunternehmen. Wenn Sie Fragen zum Lebensmittelrecht haben, kontaktieren Sie uns gerne.

Kontakt und Fragen:

RA Mag. Andreas Sabadello
+43 1 9971037
office@sabadello.legal


  1. LVwG-2021/44/1136-3 vom 02.12.2021.
  2. VwGH Ro 2018/10/0047 vom 12.10.2020.
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