2021.01.18

Haftung für Falschinformation durch Dritte?

#Lebensmittel #Strafen #LMIVO #Verantwortung

Die EU-Lebensmittelinformationsverordnung[1] (LMIVO) regelt die Pflichten der Lebensmittelunternehmer im Zusammenhang mit der Information der Verbraucher über Lebensmittel. Artikel 8 Abs. 1 LMIVO legt fest, dass für die Information über ein Lebensmittel jener Lebensmittelunternehmer verantwortlich ist, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird. Damit kann doch ein Händler nicht für falsche Informationen auf der Verpackung durch den Hersteller haften? Doch, so der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung vom 12.10.2020.2

Hintergrund

Der Geschäftsführer eines Lebensmittelunternehmens (und zwar eines Händlers) wurde durch ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden für schuldig erkannt, mindestens zwei Packungen Spaghetti in Verkehr gebracht zu haben, obwohl diese nicht entsprechend der EU-Lebensmittelinformationsverordnung gekennzeichnet waren. Daher wurde eine Geldstrafe gem § 90 Abs 3 Z 1 LMSVG verhängt. Diese Entscheidung erster Instanz wurde mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 22. August 2018 aufgehoben. Die Verantwortung des Händlers wurde vom LVwG verneint. Gegen dieses Erkenntnis wurde durch die BH Gmunden Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Entscheidung

Der VwGH kam zum Ergebnis, dass auch der österreichische Händler für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen am Lebensmittel verantwortlich ist. Zur Begründung verweist der VwGH zunächst auf Erwägungsgrund 21 der LMIVO:

Damit es nicht zu einer Zersplitterung der Rechtsvorschriften über die Haftung von Lebensmittelunternehmern für Informationen über Lebensmittel kommt, sollten die Pflichten der Lebensmittelunternehmer auf diesem Gebiet geklärt werde. Diese Klarstellung soll im Einklang mit den Zuständigkeiten im Hinblick auf die Verbraucher gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 erfolgen.“

Dieser Art. 17 der EG-BasisVO legt die Kettenverantwortung der Lebensmittelunternehmer fest und nach diesem Grundsatz sind auch die Regelungen von Art. 8 Abs. 1 bis 5. LMIVO auszulegen. Art. 8 Abs 5 LMIVO normiert eine besondere Verantwortung betreffend die Lebensmittelinformationen, welche von den Unternehmern jeder Vertriebsstufe einer Ware zu beachten sind. Aus den Bestimmungen lässt sich eine Kettenverantwortung der Lebensmittelunternehmer auch für diesen Bereich bejahen. Demnach hat jeder Lebensmittelunternehmer im Bereich des Möglichen dafür zu sorgen, dass die Lebensmittel stets mit den einschlägigen Rechtsvorschriften im Einklang sind. Dies bedeutet, dass jeder in der Herstellung oder im Vertrieb der Ware eingebundene Unternehmer bis zum Endverbraucher dafür verantwortlich ist, dass das hergestellte Lebensmittel den jeweiligen Vorschriften des Lebensmittelrechts entspricht. Folglich kann jeder im Vertrieb des Lebensmittels eingebundene Unternehmer in Österreich für jeden Verstoß gegen die lebensmittelrechtlichen Vorschriften in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch dann, wenn die (ursprüngliche) Sorgfaltspflichtverletzung durch den vorherigen im Vertrieb eingebundenen Unternehmer begangen wurde. Im Umkehrschluss lässt sich somit ein allgemeines Verbot der Inverkehrbringung nicht richtig gekennzeichneter Lebensmittel ableiten.


Sabadello Legal ist unter anderem auf die Vertretung und Beratung von Lebensmittelunternehmen, wie etwa Hersteller von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln spezialisiert. Zu unseren Mandanten zählen sowohl Startups als auch etablierte KMU und internationale Großunternehmen. Fehler in der Kennzeichnung können nicht nur Strafen, sondern auch Streit mit Mitwerbern auslösen. Wenn Sie Fragen zu Themen betreffend Kennzeichnung, Werbung und Auslobung von Lebensmitteln haben, kontaktieren Sie uns gerne.

Kontakt und Fragen:
RA Mag. Andreas Sabadello
+43 1 9971037
office@sabadello.legal

[1] Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission.

[2] VwGH, Ro 2018/10/0047, 12.10.2020.

Back button
NEXT NEWSNext icon