2021.05.04
§ 5 Abs. 5. Z. 3 LMSVG legt fest, wann Lebensmittel als „verfälscht“ gelten. Das Gesetz deckt grundsätzlich vier Fallvarianten ab, die eine Verfälschung eines Lebensmittels darstellen. In allen Fällen ist das Inverkehrbringen von verfälschten Lebensmitteln verboten (vgl. näher § 5 Abs. 1 Z. 3 LMSVG).
Die vierte und letzte Variante einer solchen „Verfälschungsmöglichkeit“ lautet: wenn die Lebensmittel nach einer unzulässigen Verfahrensart hergestellt wurden. Wann eine solche „unzulässige Verfahrensart“ vorliegt, hatte der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden.
Bei der Überprüfung einer Probe „Putenfrankfurter geräuchert“, stellte das Institut für Lebensmittelsicherheit fest, dass Ascorbinsäure enthalten war. Auf der Verpackung deklariert war jedoch nur Acerolakirschsaftpulver. Ascorbinsäure wird in der Wurstverarbeitung als Umrötehilfsmittel eingesetzt, die Beimengung des ascorbinsäurehältigen Acerolakirschsaftpulvers zielt somit auf eine technische Wirkung ab. Dies verstößt jedoch gegen Abschnitt C.1.6. des Österreichischen Lebensmittelbuches, Codexkapitel B14. Folglich gelte das Lebensmittel als durch ein unzulässiges Verfahren hergestellt und habe gemäß § 5 Abs 5 Z 3, letzte Variante, LMSVG als verfälscht zu gelten.
Mit dieser Begründung erließ die erste Instanz wegen Übertretung von § 90 Abs 1 Z 2 iVm § 5 Abs 1 Z 2,3 LMSVG ein Straferkenntnis. Fristgerecht erhob der Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten. Gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten, welches das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft bestätigte, wurde schließlich Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Der VwGH hab die Entscheidung des LvWG auf und dieses musste neuerlich entscheiden.[1]
Der Beschwerdeführer argumentierte vor dem VwGH, dass der Tatbestand „nach einer unzulässigen Verfahrensart hergestellt“ keineswegs eindeutig sei. Die Behörde – und das Verwaltungsgericht – habe verabsäumt festzustellen, ob die bloße Zugabe einer (Vitamin C enthaltenden) Zutat bereits als „Verfahrensart“ im Sinne des Gesetzes anzusehen sei oder ob zur Verfahrensart nicht doch „ein gewisses Maß an technischer Manipulation“ notwendig sei.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes müssen zur Erfüllung des Tatbestandes gem § 5 Abs 5 Z 3, letzte Variante, LMSVG kumulativ folgende Voraussetzungen vorliegen: zunächst ist (1) nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auf ein bestimmtes technisches Procedere abzustellen. Des Weiteren muss (2) ein dadurch bewirkter Verstoß gegen Normen vorliegen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sind die Voraussetzungen durch die bloße Beigabe der Zutat nicht gegeben. Der Beschwerdeführer hat nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes den Tatbestand daher nicht verwirklicht.
Mit der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten wurde das vom Beschwerdeführer angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft schließlich aufgehoben: die zunächst angelastete Tat(variante) lag nicht vor. Ein Austausch des Vorwurfs auf eine andere Variante des § 5 Abs. 5 Z. 3 LMSVG war wegen Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich.
[1] VwGH, Ra 2019/10/0096 vom 29.05.2020.
[2] LVwG Kärnten, KLVwG-888/4/2020 vom 23.07.2020.
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