2021.05.22

Balkon oder Loggia?

#Baurecht #Bauo #Realestate #Construction #Wien

Bei schönem Wetter sitzt man gerne am Balkon. Doch wenn der Wind geht, wäre eine Verglasung fein. Bloß: kann ich meinen Balkon einfach so verglasen? Genügt eine Bauanzeige für die Verglasung, oder gilt das nur für Loggiaverglasungen? Und was ist überhaupt der Unterschied zwischen Balkon und Loggia?

Ein Bauherr hinterfragte diese Themen bis zum Verwaltungsgerichtshof (VwGH), der sich mit diesen Fragen – wieder einmal – auseinandersetzte. i

Unterschied zwischen Balkon und Loggia

Hintergrund

Der Bauherr erstattete gemäß § 62 der Bauordnung für Wien eine Bauanzeige, wonach er beabsichtigte den bestehenden Balkon – welcher eigentlich eine Loggia sei – teilweise mit Kaltverschiebeverglasung zu umschließen. Der Balkon sei deshalb eine Loggia, weil die vorhandenen Säulen als Teil der Umschließungskonstruktion zu bewerten seien. Dadurch ergebe sich ein Umschließungsanteil von mehr als 50% des Umfangs. Die nun geplanten Schiebeglaselemente (fünf an der Längsseite, drei an einer Schmalseite) würden filigran und transparent ausgeführt. Die Baubehörde untersagte die Bauführung. Der Fall ging über das Verwaltungsgericht Wien bis zum VwGH.

Entscheidung

Der Bauwerber war bis zum Höchstgericht erfolglos, denn hinsichtlich Balkonen und Loggien gilt nach der Wiener Bauordnung folgendes: Eine Loggia ist ein

  • nach vorne offener,
  • von seitlichen Wänden,
  • einem Fußboden und
  • einer Decke begrenzter Raum, der
  • in der Regel anderen Räumen einer Wohnung vorgelagert
  • und meist in das Gebäude eingeschnitten ist.

Ein Balkon unterscheidet sich demgegenüber dadurch, dass dieser immer an der Hausfront eingesetzt ist.ii

Eine Loggia nach obiger Definition (Decke oben, Fußboden unten und seitliche Wände, nach vorne – aber nicht nach hinten - offen) stellt damit einen Raum im Sinne der Wiener Bauordnung dar (§ 60 Abs. 1 lit. a).iii Eine bloße Verglasung eines solchen Raumes ist dann nach § 62 BauO nur noch anzeigepflichtig. Anders jedoch beim (offenen) Balkon: wird dieser verglast, wird ein neuer Raum gebildet. Und das bedarf einer Bewilligung nach § 60 BauO.

Im Fall hatte der Bauwerber argumentiert, dass der Balkon auch über Säulen verfügt, welche in die Berechnung der bereits bestehenden umschließenden Wände mit einzubeziehen seien. Unter Berücksichtigung dieser Säulen hätte sich eine bestehende Umschließungsfläche von 52,66% des Umfangs ergeben (und wäre somit ein Raum nach der Wiener BauO vorgelegen).iii Aber schon das Landesverwaltungsgericht hatte festgestellt, dass die beiden Säulen in einer Ecke des Balkons keine Wand bilden und daher nicht in die Berechnung einfließen.iv Der VwGH schloss sich dieser Ansicht an: die Säulen konnten schon auf Grund ihrer örtlichen Situierung nicht als Verlängerung der Außenwand angesehen werden, weshalb sie nicht in die Umfangberechnung einzubeziehen waren.


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+43 1 9971037
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i VwGH 16.03.2021, Ra 2020/05/0260.

ii VwGH 30.1.2014, 2011/05/0097; ebenso: VwGH 27.10.1998, 98/05/0069.

iii Ein Raum liegt vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist.

iv LVwG Wien 12.06.2020, VGW-111/067/16143/2019.

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