2022.04.24

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften

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Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften

Eine Möglichkeit für Bürger zu mehr Teilhabe an der Energiewende

Am 07.07.2021 wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetzespaket im österreichischen Nationalrat beschlossen. Der Großteil der neuen Vorschriften trat mit dem 28.07.2021 in Kraft. Neben der Einführung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) wurden unter anderem auch das Ökostromgesetz 2012 (ÖSG 2012), das Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010), das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011), das Energielenkungsgesetz 2012 (EnLG 2012), das Energie-Control-Gesetz (E-ControlG) und das Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz (WKLG) novelliert. Mit dem Gesetzespaket wurden auch diverse unionsrechtliche Vorgaben aus dem „Clean Energy for all Europeans Package“ (CEP), darunter die EU-Richtlinie 2018/20011, umgesetzt.

Die österreichische Bundesregierung verfolgt damit das Ziel, die Stromversorgung bis 2030 auf 100 % Strom aus erneuerbaren Quellen (national bilanziell) umzustellen und bis 2040 die Klimaneutralität zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, stärkt der Gesetzgeber auch die Möglichkeit der Bürger, sich in Form von Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften (EEG) zusammenzuschließen.

Bereits die Verankerung der gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen mit der sogenannten „Kleinen Ökostrom-Novelle 2017“ in § 16a ElWOG 2010 war ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Bürgerenergie und mehr Eigenversorgung. Die Möglichkeit der Gründung von EEG durch Private und lokale Behörden – über Grundstücksgrenzen hinweg – geht diesen Weg weiter: Sie trägt wesentlich dazu bei, dezentralisierte Versorgung zu fördern und Bürger stärker an der Energiewende teilhaben zu lassen.2

1. Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EGG)

Eine EEG darf Energie (Strom, Wärme oder Gas) über Grundstücksgrenzen hinweg aus erneuerbaren Quellen erzeugen, verbrauchen, speichern oder verkaufen. Des Weiteren darf sie im Bereich der Aggregierung tätig sein und andere Energiedienstleistungen erbringen.3

EEG nutzen die Anlagen des Netzbetreibers (wie das Stromnetz), weshalb sie im Konzessionsgebiet eines einzelnen Netzbetreibers angesiedelt sein müssen.

2. Wer darf Mitglied oder Gesellschafter sein?

Mitglieder oder Gesellschafter einer EEG dürfen natürliche Personen, Gemeinden, Rechtsträger von Behörden in Bezug auf lokale Dienststellen und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts oder kleine und mittlere Unternehmen sein. Eine EEG hat aus zwei oder mehreren Mitgliedern oder Gesellschaftern zu bestehen und ist als Verein, Genossenschaft, Personen- oder Kapitalgesellschaft oder ähnliche Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit zu organisieren.

Die Teilnahme an einer EEG ist freiwillig und offen; im Fall von Privatunternehmen darf die Teilnahme nicht deren gewerbliche oder berufliche Haupttätigkeit sein.4 Das Recht auf freie Lieferantenwahl bleibt unberührt.

Von der Mitgliedschaft ausgeschlossen sind jedenfalls Elektrizitäts- und Erdgasunternehmen im Sinne des ElWOG 2010 und GWG 2011, weil deren Beteiligung stets ihrer gewerblichen bzw. beruflichen Haupttätigkeit gleichkommt.5 Das gilt auch für Erzeuger, die von Energieunternehmen (Versorger, Lieferanten, Stromhändlern etc.) kontrolliert werden.

3. Keine vorrangige Gewinnerzielungsabsicht

Der Hauptzweck der EEG darf nicht im finanziellen Gewinn liegen. Dies ist, soweit es sich nicht schon aus der Gesellschaftsform ergibt, in der Satzung festzuhalten (z.B. bei einer GmbH). Die EEG hat ihren Mitgliedern oder den Gebieten, in denen sie tätig ist, vorrangig ökologische, wirtschaftliche oder sozialgemeinschaftliche Vorteile zu bringen.6

Zwar ist die Erzielung von Gewinnen grundsätzlich zulässig, etwa in Form geringfügiger Vermarktungserlöse aus Überschussmengen, die Gewinnkomponenten enthalten. Die Gewinne dürfen aber nicht um ihrer selbst willen lukriert werden, sondern sind an die Mitglieder bzw. die Gemeinschaft weiterzugeben.

Photovoltaikmodule im Vordergrund, Windkraftanlage im Hintergrund

4. Keine Anwendung der Gewerbeordnung (GewO)

Die Bestimmungen der GewO sind aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht auf EEG anzuwenden.7

5. Förderungen

Bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen können Anlagen, die von einer EEG neu errichtet, revitalisiert oder erweitert werden, in Form eines Investitionszuschusses gefördert werden. Darunter fallen – sofern die gesetzlichen Förderkriterien erfüllt sind – unter anderem Photovoltaikanlagen und Stromspeicher, Wasser- und Windkraftanlagen und Anlagen auf Basis von Biomasse.[8] Auch für die Umrüstung bestehender Biogasanlagen sowie die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Gas und zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder synthetisches Gas können Förderungen beantragt werden.9

Zu beachten ist, dass für jede Anlage (gegebenenfalls samt Stromspeicher) jeweils ein eigener Antrag auf Gewährung eines Investitionszuschusses einzubringen ist.

Nicht verbrauchte Strommengen können unter bestimmten Voraussetzungen bis zu einem Ausmaß von 50 % der innerhalb der EEG insgesamt erzeugten Strommenge durch Marktprämien gefördert werden. Die Berechnung der Marktprämie erfolgt auf Grundlage der von einer EEG vermarkteten und in das öffentliche Elektrizitätsnetz eingespeisten Strommenge. Für die von den Mitgliedern oder Gesellschaftern verbrauchten oder diesen zugeordneten Erzeugungsmengen gebührt keine Marktprämie.10

Näheres zur Durchführung und Abwicklung von Investitionszuschüssen ist in der EAG-Investitionszuschüsseverordnung-Strom geregelt.11

6. Bürgerenergiegemeinschaften (BEG)

Für BEG gelten ähnliche Regelungen wie für EEG. Auch die BEG darf Energie erzeugen und die eigenerzeugte Energie verbrauchen, speichern oder verkaufen, ist dabei – im Gegensatz zur EEG – aber auf elektrische Energie beschränkt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die von einer BEG erzeugte Energie nicht zwingend aus erneuerbaren Quellen stammen muss. Darüber hinaus kann sie sich über die Konzessionsgebiete mehrerer Netzbetreiber in ganz Österreich erstrecken.

Mitglieder oder Gesellschafter einer BEG dürfen sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. BEG können als Verein, Genossenschaft, Personen- oder Kapitalgesellschaft oder eine ähnliche Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit organisiert sein und müssen mindestens aus zwei Mitgliedern oder Gesellschaftern bestehen. Anders als bei EEG dürfen an BEG auch Energieversorgungsunternehmen teilnehmen. Die Kontrollausübung ist jedoch nur natürlichen Personen, Gebietskörperschaften und Kleinunternehmen vorbehalten. Mittel- und Großunternehmen sind davon ausgeschlossen.12


Das Regulatory Team von Sabadello Legal begleitet Sie gerne bei der Realisierung Ihres Projekts: von der Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Zusammenschluss zu einer EEG oder BEG vorliegen, über die Umsetzung (z.B. Gesellschaftsgründung) bis hin zur Beantragung von Förderungen. Gepaart mit unserer Expertise im Immobilienrecht und im Baurecht begleiten wir Ihre Projekte von der Planung bis zur Fertigstellung.

Kontakt und Fragen:
RA Mag. Andreas Sabadello
+43 1 9971037
office@sabadello.legal


  1. Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, ABl. Nr. L 328/28 vom 11.12.2018.
  2. ErläutRV 733 BlgNR 27. GP 18.
  3. § 79 Abs 1 EAG.
  4. § 79 Abs 2 EAG.
  5. ErläutRV 733 BlgNR 27. GP 19; vgl. dazu auch § 16c Abs 1 ElWOG 2010.
  6. § 79 Abs 2 EAG.
  7. § 79 Abs 4 EAG.
  8. Vgl. § 59 ff EAG.
  9. § 80 Abs 2 EAG.
  10. Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zur Gewährung von Investitionszuschüssen für die Neuerrichtung, Revitalisierung und Erweiterung von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung von Strom aus erneuerbaren Quellen für das Jahr 2022, BGBl II Nr. 149/2022.
  11. § 16b ElWOG 2010.
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