2022.08.23
Die Frage, ob eine ungewollte Schwangerschaft als Folge der Fehlerhaftigkeit eines Medizinprodukts (hier: Spirale) einen Schaden im Sinne des § 1 Abs. 1 Produkthaftungsgesetz (PHG) darstellt, war bislang noch nicht höchstgerichtlich geklärt. Der OGH nahm sich nun in der Entscheidung vom 25.05.2022, 8Ob69/21m, dieses Themas an.
Ein Ehepaar hatte die Familienplanung abgeschlossen und setzte forthin zur Verhütung ein kupferhaltiges Intrauterinpessar (Spirale) ein. Dennoch kam es zu einer Schwangerschaft, welche laut den Klägern auf den Bruch der Spirale zurückzuführen war. Vor einem solchen Bruch sei von der beklagten Herstellerin nicht gewarnt worden. Selbst nach Kenntnis mehrerer solcher Brüche habe die Beklagte nicht reagiert. Das Produkt habe einen Fehler im Sinne des PHG aufgewiesen, weshalb die Beklagte für den Schaden zu haften habe.
Die Mutter begehrte Schmerzengeld und Auslagenersatz für die Geburt und der Vater die Haftung des Herstellers für die künftig aufgrund seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Mutter entstehenden Nachteile. Der Hersteller argumentierte jedoch, dass die Geburt eines gesunden, wenn auch unerwünschten Kindes keinen Schaden darstellt, was der Auffassung der ständigen und einhelligen Rechtsprechung des OGH entspricht.1 Überdies hätten die Kläger ihre Schadensminderungspflicht verletzt, falls ein Schaden vorliegen würde.
Das Berufungsgericht betont, dass die Ansprüche der Mutter nicht bestehen, da die Schmerzen bei der Geburt keine Verletzung am Körper oder Gesundheitsbeeinträchtigung, sondern vielmehr ein natürlicher Lebensvorgang sind. Der Vater hingegen mache nur einen mittelbaren Drittschaden geltend. Nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung gibt es jedoch keinen Ersatz für reine Vermögensschäden bei verschuldensunabhängiger Haftung, wie dem PHG.2 Eine Haftung wäre nur möglich, wenn ein Fall der bloßen Schadensverlagerung vorliegen würde.3 Dies ist aber nicht der Fall, da die Unterhaltspflicht nicht ein von der Mutter auf den Vater umgewälzter Schaden ist, sondern vielmehr aufgrund von familienrechtlichen Pflichten originär begründet wird. In der Entscheidung stellte der OGH fest, dass nach dem PHG keine Grundlage für die Entschädigung des Unterhaltsaufwandes des Vaters besteht.
Allfällige Schmerzen der Klägerin (rein) aufgrund des Bruchs der Spirale wurden weder behauptet noch begehrt. Die Herstellerin hatte daher keinen Ersatz zu leisten.
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