2023.05.28
Digitale Signaturen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Die rechtsgültige digitale Unterfertigung von Verträgen wird damit ohne Medienbruch ermöglicht. Aber nicht jede digitale Signatur ist für jeden Vertragsabschluss geeignet: immer dann, wenn das Gesetz Schriftlichkeit vorsieht, kann die Unterschrift nur durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Nicht alle am Markt angebotenen Signaturlösungen erfüllen diese Voraussetzungen.
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Die maßgebliche rechtliche Grundlage für digitale - oder "elektronische" - Signaturen ist in Österreich das Signatur- und Vertrauensdienstegesetz.1 Mit diesem Gesetz wurden ergänzende nationale Bestimmungen zur EU-weit gültigen eIDAS-VO festgelegt. Welche Arten von elektronischen Signaturen es gibt, legt die eIDAS-VO2 fest. Den Mitgliedsstaaten steht es jedoch frei, selbst festzulegen, welche Rechtswirkungen elektronische Signaturen entfalten.3 Davon ausgenommen ist nur der Grundsatz, dass eine qualifizierte elektronische Signatur EU-weit einer handschriftlichen Unterschrift gleichgesetzt ist.
Eine „elektronische Signatur“ sind Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet.4 Eine elektronische Signatur muss für einen Anwender nicht unmittelbar sichtbar sein. Die elektronische Signatur sollte also nicht mit der bildlichen Darstellung einer Unterschrift in einem PDF-Dokument verwechselt werden. Ebenso sagen Texte wie „Dieses Dokument wurde elektronisch signiert“ für sich genommen nichts aus. Ob dem tatsächlich so ist, muss gesondert geprüft werden (siehe unten Punkt 4.2). Man unterscheidet zwischen der einfachen elektronischen Signatur, der fortgeschrittenen elektronischen Signatur und der qualifizierten elektronischen Signatur (mehr siehe unten Punkt 5.). Die Einsatzbereiche dieser Signaturarten sind unterschiedlich. Als umfassender Ersatz für eine handschriftliche Unterschrift eignet sich in Österreich lediglich die qualifizierte elektronische Signatur.
In vielen Fällen verlangt das Gesetz, dass Rechtsgeschäfte schriftlich abzuschließen sind oder Erklärungen schriftlich abzugeben sind. Solche Schriftlichkeitsgebote werden grundsätzlich dann erfüllt, wenn ein Vertragstext – oder eine einseitige Erklärung – am Ende handschriftlich unterschrieben wurde. Bei digitalem Vertragsabschluss kann die handschriftliche Unterschrift in solchen Fällen nur durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden.5
In folgenden beispielhaften (und bei weitem nicht abschließenden) Fällen, sieht das Gesetz Schriftlichkeit vor. Eigenhändige Unterschriften können in diesen Fällen nur durch eine qualifizierte elektronische Signatur, nicht aber durch einfache oder fortgeschrittene elektronische Signatur, ersetzt werden:
• Mietvertragskündigung durch den Mieter: § 33 Abs. 1 MRG sieht vor, dass Mieter einen Mietvertrag schriftlich kündigen können. Der Versand einer E-Mail, die nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, genügt nicht für eine wirksame Kündigung.6
• Befristung eines Mietvertrags: § 29 Abs. 1 Z. 3 MRG sieht vor, dass Mietverträge schriftlich befristet werden können. Um diesem Formgebot zu entsprechen, ist es erforderlich, dass beide Parteien die Vereinbarung unterschreiben, oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Geschieht dies nicht, liegt keine wirksame Befristung vor.[^7]
• Vereinbarung eines Kündigungsgrundes: Gemäß § 30 Abs. 2 Z. 13 MRG können die Mietvertragsparteien wichtige Umstände vereinbaren, die zur Kündigung des Mietvertrags berechtigten. Auch derartige Kündigungsgründe müssen schriftlich vereinbart werden.[^8]
• Zahlungsverzug im Sanierungsplan: Gemäß § 156a Abs. 1 Insolvenzordnung verliert ein Schuldner den Nachlass und die sonstigen Begünstigungen, die der Sanierungsplan gewährt, wenn er gegenüber dem Gläubiger in qualifizierten Verzug gerät. Nach § 156a Abs. 2 IO ist dafür eine schriftliche Mahnung durch den Gläubiger erforderlich. Eine Mahnung per E-Mail – ohne qualifizierte elektronische Signatur – erfüllt diese Voraussetzung nicht.9
Achtung: Letztwillige Verfügungen können in elektronischer Form nicht wirksam errichtet werden. Willenserklärungen des Familien- und Erbrechts, die an die Schriftfort oder ein strengeres Formerfordernis gefunden sind und Bürgschaftserklärungen von Privaten können nur dann elektronisch signiert werden, wenn das Dokument die Bestätigung eines Notars oder eines Rechtsanwalts enthält, dass der Signator über die Rechtsfolgen seiner Signatur aufgeklärt wurde.10
Wie oben erwähnt, sagt eine bildliche Darstellung einer Unterschrift in einem PDF-Dokument oder dergleichen nichts darüber aus, ob ein Dokument elektronisch signiert wurde. Ob entsprechende Signaturinformationen vorliegen, lässt sich jedoch mit Standardanwendungen feststellen. So kann etwa der häufig verwendete Adobe Acrobat Reader elektronische Signaturen in PDF-Dokumenten prüfen. Liegt eine qualifizierte elektronische Signatur vor, so wird dies von der Anwendung wie folgt dargestellt:
Abbildung 1: Screenshot aus Adobe Acrobat Reader
Auch die RTR GmbH bietet ein Online-Service an, mit welchem Signaturen in Dokumenten (durch Upload) geprüft werden können.11
Die eIDAS-VO definiert die folgenden Arten von elektronischen Signaturen:
Die einfache elektronische Signatur erschöpft sich darin, dass es sich dabei um Daten handelt, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder mit logisch mit ihnen verbunden werden. Eine solche einfache elektronische Signatur kann vor Gericht als Beweismittel verwendet werden. Dies ersetzt jedoch nicht die Notwendigkeit zur Verwendung von qualifizierten elektronischen Signaturen, wo dies erforderlich ist (vgl. Beispiele oben 4.1).
Eine fortgeschrittene elektronische Signatur muss zusätzliche Anforderungen erfüllen, über die eine einfache elektronische Signatur nicht verfügen muss:12 a) sie ist eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet b) sie ermöglicht die Identifizierung des Unterzeichners c) sie wird unter Verwendung elektronischer Signaturerstellungsdaten erstellt, die der Unterzeichner mit einem hohen Maß an Vertrauen unter seiner alleinigen Kontrolle verwenden kann d) sie ist so mit den auf diese Weise unterzeichneten Daten verbunden, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann.
Das Fehlen der oben angeführten Merkmale bei der einfachen elektronischen Signatur zeigt, dass die einfache Signatur im Geschäftsverkehr nicht unbedingt geeignet ist und die Verwendung einer „höherwertigen“ Signatur grundsätzlich ratsam ist. Wiederum gilt: auch die fortgeschrittene elektronische Signatur ist kein Ersatz für eine qualifizierte elektronische Signatur.
Die qualifizierte elektronische Signatur muss - als höchste Stufe der elektronischen Signaturen – alle Anforderungen einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur erfüllen, und von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt werden und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruhen.
Um in der Praxis Schwierigkeiten mit der Durchsetzbarkeit von Verträgen oder einzelnen Vertragsklauseln zu vermeiden, ist die Verwendung von qualifizierten elektronischen Signaturen zu empfehlen. Selbst in Fällen, in denen eine einfache elektronische Signatur ausreichen würde, schadet die Verwendung einer höherwertigen Signatur jedenfalls nicht.
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RA Mag. Andreas Sabadello
+43 1 9971037
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