2016.10.26
Hinweis auf bestimmtes Aroma stellt keine Vortäuschung einer bestimmten Zusammensetzung dar.
Gemäß Art 7 der LMIV1 dürfen Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein (bzw. gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 LMSVG nicht mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr gebracht oder beworben werden).
Anlässlich einer Kontrolle beanstandete die AGES zwei Schnäpse, welche laut Gutachten jeweils einen „Marillenschnaps vortäuschten.“ Bei beiden Lebensmitteln lag der Extraktgehalt jeweils bei (weit) über den laut Österreichischem Lebensmittelbuch ohne zusätzliche Deklaration maximal zulässigen 10g/l Zuckerzusatz. Überdies erfolgte der fruchtige Marillengeschmack nicht durch den gem. Codex für Obstschnaps erforderlichen Marillenbrandanteil weshalb eine verbotene Aromatisierung vorgelegen sei und der Alkoholgehalt mit 28% Vol bzw. 32% Vol auch nicht den für Obstschnaps codifizierten Mindeststärkenanteil von 35% Vol. entsprochen habe.
Laut Gutachter suggerieren die für die beanstandeten Proben verwendeten Phantasiebezeichnungen mit dem Wort „…-schnaps“ mit dem jeweiligen Zusatz „mit dem fruchtigen Aroma der Marille“ das Vorliegen einer Spirituose mit der Zusatzbezeichnung „Marillenschnaps“. Die Spirituosen würden den codifizierten Bestimmungen für eine derartige Bezeichnung jedoch nicht entsprechen und daher müsse von einer Irreführung ausgegangen werden. Die Behörde erblickte darin in erster Instanz jeweils einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 lit. a iVm Abs. 4 Lebensmittel-Informationsverordnung (EU) 1169/2011 idgF. iVm. §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 2 Z 1 und 90 Absatz 1 Z 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG 2006).
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte über die Beschwerde des bestraften verantwortlichen Beauftragten des Unternehmens zu entscheiden und führte entgegen der Meinung des Gutachters aus, dass nach der allgemeinen Verkehrsauffassung unter dem Begriff „Schnaps“ nicht grundsätzlich ein Obstschnaps iSd Codexkapitel B23 Punkt 3 verstanden wird. Aufgrund der allgemeinen Verbreitung dieses Begriffs wird der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, bei der Verwendung des Begriffs „Schnaps“ nicht generell an einen Obstschnaps iSd des Österreichischen Lebensmittelhandbuchs denken. Dies auch dann nicht, wenn ein gewisses Fruchtaroma im Zusammenhang mit dem Begriff „Schnaps“ verwendet wird (so ist z.B. auch Nussschnaps eine zulässige Bezeichnung).
Bei der Produktbezeichnung des Schnapses handelte es sich jeweils um Phantasiebezeichnungen (in der Entscheidung jeweils [anonymisiert] als „X Schnaps“ bzw. „W Schnaps“ bezeichnet). Das Wort „Marille“ war dem Wortteil -schnaps nicht vorangestellt. Und durch den Zusatz „mit dem fruchtigen Aroma der Marille“ (Hervorhebung durch den Verfasser) wurde bei beiden Produkten jeweils ausreichend klargestellt, dass es sich um eine Fruchtaromatisierung handelte, weshalb eben gerade keine Vortäuschung eines Marillenfruchtgehalts vorlag.
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2016:LVwG.2016.23.0248.5
Link zum Erkenntnis des LVwG Tirol , LVwG-2016/23/0248-5, vom 21.07.2016