2024.05.07

Entschlackungstee und Health Claims Verordnung

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Gemäß Art 6 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 1924/2006 (HCVO)1 müssen sich nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und durch diese abgesichert sein. Verstöße gegen diese Vorschrift werden in Österreich nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) bestraft. Ein „Bio-Kräutertee Entschlackung“ verstößt gegen dieses Gebot, wie das Landesverwaltungsgericht Tirol2 bestätigte:

Entschlackung widerspricht dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft

Hintergrund

Die Beschwerdeführerin wurde in erster Instanz bestraft, weil sie in ihrem Laden „Bio Kräutertee Entschlackung“ verkaufte. Im Begriff „Entschlackung“ erkannte die AGES eine gesundheitsbezogene Angabe, die dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft nicht entspricht. Die Beschwerdeführerin argumentierte in ihrem Rechtsmittel selbst damit, dass es den Begriff der „Entschlackung“ in der Schulmedizin gar nicht gibt und es sich daher um keine gesundheitsbezogene Angabe handle. Dinge die es gar nicht gibt, müsse man auch nicht nachweisen.

Entscheidung

Das LVwG Tirol hielt dieser Argumentation entgegen, dass das Wort „Entschlackung“ eine gesundheitsbezogene Angabe ist, weil entscheidend dafür, ob eine gesundheitsbezogene Angabe vorliegt, ist die Verkehrsauffassung, „also der Eindruck, der sich beim flüchtigen Lesen für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Interessenten ergibt, wobei auch auf den Gesamteindruck der Mitteilung Bedacht zu nehmen ist.“3

Das LVwG zog weiters die Detox-Entscheidung des BGH heran.4 In jener Entscheidung hatte der BGH bestätigt, dass die Produktbezeichnung „Detox“ für den von der Beklagten vertriebenen Tee nicht nur einen Verweis auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden im Sinne von Art 10 Abs 3 HCVO enthielt, sondern eine spezielle gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung darstellte. Was für den Detox-Tee gilt, gilt also auch für den Entschlackungstee.

In erster Instanz war die Beschwerdeführerin auch wegen der Claims „entwässernd“, „vitalisierende Wirkung,..“ und „die dem Magen gut tun“ verurteilt worden. Die Bestrafung hierfür musste vom LVwG jedoch wegen formaler Fehler im Strafbescheid aufgehoben werden.


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  1. Verordnung (EG) NR. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben; Health Claims Verordnung.
  2. LVwG-2023/50/2911-3 vom 24.01.2024.
  3. Unter Verweis auf VwGH 93/10/0143 vom 18.10.1993.
  4. BGH vom 29.03.2017, Az I ZR 71/16.
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